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Welche NRW-Multimillionäre in die Schweiz ausgewandert sind

Welche NRW-Multimillionäre in die Schweiz ausgewandert sind

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Symbolbild Selbstanzeige von Steuersuendern Mann mit Mantel und Geldkoffern laeuft auf Euro Cent Mu Foto: imago
Viele Milliardäre und Multimillionäre zahlen als „Wahlschweizer“ dort weniger Steuern. Ganz legal. Unter ihnen sind viele bekannte Namen aus NRW.

Die Schweiz ist ein Mekka der Reichen der Welt. Nicht unbedingt, weil sie dort über geheime Schwarzgeldkonten verfügen. Eher: Mit einem Wohnsitz in dem Alpenland zahlen die Top-Verdiener zumeist eine Steuer, die sich nach ihrem Lebensaufwand richtet, nicht nach dem Vermögen, Einkommen und den Unternehmensgewinnen wie in ihren Heimatländern

Der Maßstab: Diese „Pauschalsteuer“, die auch nach einer jüngsten Volksabstimmung so bleiben soll, entspricht ungefähr dem siebenfachen Miet-Wert der Wohnung der Steuerpflichtigten. Das ist legal. 5600 gut betuchte Ausländer zahlen so in die Schweizer Staatskassen.

Schweizer Zeitung listet 300 reichsten Ausländer im Land auf

Deshalb schauen die Eidgenossen jedes Jahr mit Spannung auf die Veröffentlichung der Wirtschaftszeitung „Bilanz“. Die listet die 300 reichsten Ausländer im Land auf, mit Namen, Wohnsitz und Höhe des geschätzten Vermögens. In diesem Jahr stellt „Bilanz“ fest: Jeder fünfte Reiche unter den 300 hat irgendwann eine deutsche Herkunft. „Das Land registriert über die letzten Jahrzehnte eine regelrechte Einwanderungswelle schwerreicher Bürger auch aus Deutschland“. Der Hamburger Transport-Unternehmer Michael Kühne (Hapag-Lloyd) führt die Liste mit der stolzen Vermögenssumme von 8,5 Milliarden Schweizer Franken an.

Überraschend: Über ein Dutzend dieser 54 gelisteten Milliardäre und Multimillionäre haben ihre Wurzeln in Nordrhein-Westfalen – oder auch direkt in seinem industriellen Kernraum, dem Ruhrgebiet. Sie wurden hier geboren, haben ihre Familien hier oder Unternehmens-Anteile (gehabt) und zumindest gute ökonomische Drähte in die Rhein-Ruhr-Region. Sie sind zum Teil Schweizer Staatsbürger, international unterwegs, oft sind es „Rentner“ oder Erben. Was sie gemeinsam haben: Sie wohnen nicht mehr in NRW, sondern irgendwo zwischen Zürich, Zug, Genf und dem Tessin.

Nicht wenige bekannte Namen sind dabei.

Der Top-Verdiener

Otto Happel aus Bochum, dort geboren 1948, ist in dieser Gruppe der wohlhabendste – „Bilanz“ bilanziert ihn auf 2,7 Milliarden Franken Vermögen. Happels Vater gründete 1920 in der Revierstadt ein Unternehmen für Entstaubungsanlagen. Sein Sohn baute es weltweit über Beteiligungen an Systemanbietern aus. Heute, nach dem Verkauf von Anteilen, lebt er im Ruhestand im Kanton Luzern, engagiert sich leidenschaftlich in Ausbildungsprogrammen für junge Asiaten.

Die Bekanntesten

Die Erben Thyssen-Bornemisza, die Söhne von „Baron Heini“, sind mit 2,2 Milliarden Vermögen (Platz 2 unter den Deutschen) in Wohnsitzen in den Kantonen Tessin und Bern gelistet. Ihre Urväter zählten zu den Stahlbaronen des Ruhrgebiets. Aber schon die hatten die Schweizer Bürgerrechte erworben.

Hubertine Underberg-Ruder. Die 52-jährige, laut „Bilanz“ mit 125 Millionen Franken Vermögen in der Schweiz registriert, führt noch heute den Magenbitter-Hersteller aus dem niederrheinischen Rheinberg.

Sie gehört zu den wenigen Geheimnisträgern, die das Rezept des starken Tropfens aus Jahr 1946 kennen. Doch die Holding des Unternehmens hat den Sitz im Kanton Aargau.

Michael Schumacher, der Ex-Rennfahrer und vielfache Formel I-Weltmeister aus Hürth im Rheinland, der nach seinem schweren Ski-Unfall in den französischen Alpen Ende 2013 in der Rehabilitation ist. Er wohnt mit seiner Familie im Schweizer Kanton Waardt und verfügt nach den Angaben aus dem Nachbarland über ein Vermögen von 750 Millionen Franken.

Die vielen Firmen-Erben

Name: Henning Conle. Branche: Immobilien. Vermögen: 1,25 Milliarden Franken. Wohnsitz: Zürich. „Bilanz“ schreibt dazu: „Tausende Wohnungen, oft in sozialen Randbezirken deutscher Ruhrgebietsgroßstädte“, habe Conle „schon gekauft und geerbt“, ehe er an den Zürcher Sonnenberg umgezogen sei – und dann neue Engagements in London einging. Als Vermieter genieße er einen „schlechten Ruf“. Tatsächlich ist der 1944 in Duisburg geborene Immobilienmanager Sohn eines der bekanntesten Ruhrgebiets-Architekten: Vater Heinz Conle baute insgesamt 18.000 Sozialwohnungen in Duisburg und Mülheim.

Rolf Gerling. Er wohnt in Terre de Pedemonte im Tessin, sein Vermögen wird mit 1,2 Milliarden Franken genannt. Er ist der Enkel des Gründers des Kölner Versicherungs-Giganten, der heute zu Talanx gehört. Gerling hat seit 2003 seinen Führungsjob in der Firma aufgegeben. Heute steckt sein Geld steckt in Beteiligungen und Immobilien, darunter einigen in seiner rheinischen Heimat Köln. Außerdem gilt er als ein leidenschaftlicher Umweltschützer, der sich dem biologischen Landbau widmet.

Christoph und Sibylla Müller. Müller who? Das Ehepaar ist mit 750 Millionen Franken Vermögen gelistet – und vertritt einen Großteil der Anteile der 140 Jahre alten Familienfirma Vaillant aus Remscheid, dem Hersteller von Heizungen, Klimanlagen, Wärmepumpen. Das Unternehmen beschäftigt 12 000 Mitarbeiter. Wohnsitz der Müllers ist Zürich.

Grohe. Der Name steht auf Duschköpfen und anderen Bad-Armaturen. Bernd Grohe ist einer der Nachkommen des Gründers aus Hemer in Westfalen, hat aber keine Anteile mehr an diesem weltweit bekannten Unternehmen. Seine 750 Millionen Franken Vermögen stecken in Beteiligungen und Immobilien. Der 74-jährige restauriert Burgen und Schlösser. Seine Beteiligungen dirigiert er vom Waadtländer Ufer des Genfer Sees aus, ganz in der Nähe von Michael Schumacher.

Erich (52) und Martin (50) Dreier. Viele Dortmunder kennen sie unter „Dreier Immobilien“. Der Sitz ihres Unternehmens ist die Ruhrgebiets-Stadt, in der sie sich auch bei der Anlage des Phoenixsees im Stadtteil Hörde stark engagiert haben. Ihr Heimatort ist Ascona am Lago Maggiore, von wo aus sie mit 650 Millionen Franken Immobilien- und Hotelbesitz steuern.

Ulrich Bettermann. Der deutsch-schweizerische Unternehmer aus dem sauerländischen Menden und mit dem Wohnsitz im Kanton Nidwalden in der Zentralschweiz ist in der Nachfolge seines Elternbetriebs (Elektro-und Gebäudeinstallation) in der Elektrotechnik-Branche ein Name. Seine Betriebe haben mehr als 4000 Mitarbeiter, der Umsatz liegt bei einer halben Milliarde Euro. Das Vermögen des 68-jährigen, das er von der Schweiz aus verwaltet, wird auf 550 Millionen Franken taxiert.

Viele Duisburger kennen die Karl Schmidt OHG am Innenhafen. Sie belieferte erst die Spar-Märkte der Region, dann gründeten die Schmidts die Metro-Großmärkte. Michael Schmidt-Ruthenbeck, der Sohn, hält heute noch eine Minderheitsbeteiligung an dem großen Handelskonzern. Der 71-jährige wohnt in Zürich. Sein Vermögen wird auf 1,7 Milliarden Franken geschätzt.