Adidas-Chef Rorsted lässt nach seinem Start keine Zeit verstreichen. Bei der schwächelnden US-Tochter Reebok müssen Mitarbeiter gehen.
Berlin.
An Vorschusslorbeeren für den neuen Chef an der Spitze des größten deutschen Sportartikelherstellers Adidas mangelte es nicht. Als im Januar der Weggang von Kasper Rorsted von der Spitze des Konsumgüterriesen Henkel bekannt wurde, fiel der Börsenwert des Dax-Unternehmens zeitweise um fast 800 Millionen Euro. Als kurz danach Adidas – ebenfalls im Dax notiert – mitteilte, dass der Däne ab Oktober dem Sportartikelhersteller vorstehen wird, legten dessen Aktien insgesamt um mehr als eine Milliarde Euro zu.
Der so gefeierte neue „Herr der drei Streifen“ lenkt seit Anfang Oktober die Geschicke von Adidas im bayerischen Herzogenaurach. Am Donnerstag präsentierte der 54-jährige Däne nun erstmals Quartalszahlen, die allerdings noch in der Verantwortung seines Vorgängers Herbert Hainer liegen. Und der hinterlässt große Fußstapfen: Hainer brachte nach einer schweren Krise im Jahr 2014 den Konzern wieder in Schuss.
Adidas rüstet weiter „die Mannschaft“ aus
Er handelte auch den letzten Ausrüster-Deal mit der Nationalmannschaft aus. Satte 50 Millionen Euro pro Jahr wird Adidas ab 2018 für vier Jahre hinlegen, um „die Mannschaft“ weiter auszustatten. Hainer kündigte auch an, das DFB-Trikot künftig in Deutschland fertigen zu wollen. Ein Prestigeerfolg – wenn auch teuer erkauft.
Doch der Konzern kann es sich derzeit leisten: Vor allem die Hausmarke Adidas mit ihren Sport- und Lifestyleprodukten ist bei den Verbrauchern sehr gefragt. Das Betriebsergebnis verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahresquartal um 11,5 Prozent auf 563 Millionen Euro. Unter dem Strich blieben 387 Millionen Euro – ein Plus von 23,5 Prozent. Für das Gesamtjahr traut sich der Konzern zu, die magische Milliarden-Euro-Grenze beim Gewinn zu knacken. Es wäre ein Rekord, im Jahr der Fußball-Europameisterschaft und der Olympischen Sommerspiele.
Rorsted will Reebok schnell profitabel machen
Der neue Macher will das schaffen und fackelt auch nicht lang. Bei der schwächelnden US-Tochter Reebok sollen in der Zentrale in Boston 150 Leute gehen, verkündete Rorsted. Weitere 150 Leute sollen von Boston an die Westküste nach Portland in die dortige Zentrale wechseln. Die verbliebenen Mitarbeiter in Boston werden in ein anderes Gebäude ziehen.
„Wir werden Reebok in Boston stromlinienförmiger aufstellen und ein globales Marken-Team schaffen, dass sich dann zu 100 Prozent Reebok widmen kann“, kündigte der neue Chef in einer Telefonkonferenz an. Auch im Vertrieb will Rorsted die Tochter neu aufstellen. 60 von 120 Fabrikverkaufsläden von Reebok in Nordamerika sollen schließen. Auch von den betriebenen 13 bis 15 Flagshipstores soll nur etwa die Hälfte erhalten bleiben, kündigte Rorsted an.
Kein klares Bekenntnis für Marke Reebok
Sein Vorgänger Hainer hatte lange an Reebok festgehalten, doch dem ehemaligen Handballer waren die Zahlen nicht gut genug. Auf die Frage, ob das Maßnahmenpaket die letzte Chance für Reebok sei, sagte Rorsted, man vertraue darauf, dass die Maßnahmen wirken. Ein klares Bekenntnis klingt anders. Er stellte zwar heraus, dass Reebok ein wichtiges Mitglied von Adidas sei. „Aber wie in jedem Sportteam muss jedes Mannschaftsmitglied seinen Beitrag zum Gesamterfolg des Teams leisten.“
Festhalten will er aber an dem von Hainer eingefädelten Verkauf der Golfmarken TaylorMade, Adams und Ashworth. Er gehe davon aus, dass es bis zum Jahresende eine Vereinbarung mit einem Käufer gebe, kündigte er an. Die Adidas-Golfsparte hatte zuletzt gelitten, weil die Attraktivität des Sports vor allem in den USA stark zurückgegangen war und die Verkäufe einbrachen.
Under Armour ist der große Konkurrent
Rorsted kann sich kein Innehalten leisten. Zum einen gilt es den Dauerrivalen Nike aus den USA in Schach zu halten. Die Marke ist die wertvollste Bekleidungsmarke weltweit mit einem Wert von 37,37 Milliarden US-Dollar. Und mit der US-Firma Under Armour ist harte Konkurrenz entstanden. Das US-Unternehmen aus Baltimore katapultierte sich an die Spitze der Sportunternehmen und konkurriert mit Adidas um den Platz hinter Nike.
Das Unternehmen wurde erst 1996 vom Football-Spieler Kevin Plank gegründet, der auf der Suche nach einem neuen Funktionsshirt gleich selbst eines entwickelte. Zu Weihnachten schrieb Plank der Legende nach jedes Jahr dem damaligen Nike-Chef Phil Knight eine Karte: „Dear Mr. Knight, Sie kennen uns noch nicht, aber Sie werden eines Tages von uns hören.“ Das gelang – und das ist die Liga, mit der sich Rorsted nun messen muss.
Familienvater Rorsted gilt als Macher
Doch den Vater von vier Kindern scheinen die Vorgaben nicht nervös zu machen. Um im Sportjargon zu bleiben: Er übernehme lieber einen FC Bayern als einen erfolglosen Fußballverein wie 1860 München, heißt es in seinem Umfeld.
Der drahtige Manager gilt als Macher, dessen oberstes Ziel die Rendite ist. Das hat er bei seinem früheren Arbeitgeber gezeigt: Etliche Henkel-Marken, die nicht mehr ins Konzernprofil passten oder nicht die gewünschten Resultate lieferten, hat er verkauft. Manchmal zu schnell, wie ihm Kritiker vorwarfen. Seinem Ruf hat es nicht geschadet.
Aktie gab nach
Allerdings nutzten Anleger die Vorlage der Geschäftszahlen für Gewinnmitnahmen und drückten die Aktien zunächst sieben Prozent ins Minus. Zum ersten Mal seit vielen Quartalen habe Adidas die Markterwartungen nicht übertreffen können, schrieb ein Analyst. Damit wird Rorsted leben können.